Angleichung in den Landkreisen dringend erforderlich
„Jeder Mensch ist vor dem Gesetz gleich. Das gilt auch für Menschen mit Behinderung in Baden-Württemberg - zumindest in der Theorie“, so Katja Mast, SPD-Bundestagsabgeordnete für die Menschen aus Pforzheim und dem Enzkreis.
Seit der Verwaltungsreform 2005 werden Behinderungen dezentral von den Landkreisen anerkannt. „Das ist grundsätzlich gut, denn nur so haben die Bürgerinnen und Bürger heute die Möglichkeit, einen persönlichen Ansprechpartner vor Ort zu haben und das Gespräch zu suchen, wenn sie ihren Antrag auf Schwerbehinderung stellen“, so die Sozialexpertin.
Dennoch lassen die unterschiedlichen Fallzahlen in den Landkreisen in Baden-Württemberg darauf schließen, dass der Wohnort im Ländle mit darüber entscheidet, ob und wie die Schwerbehinderung anerkannt wird. Zu diesem Ergebnis kommt der Mediziner Dr. Dieter Schneider, der die Situation in Baden-Württemberg genauer unter die Lupe genommen hat.
„Ich bin Herrn Dr. Schneider dankbar, dass er unsere Landkreise überprüft und statistisch ausgewertet hat. Nur so konnte er uns zum ersten Mal eine Übersicht für ganz Baden-Württemberg vorstellen“, sagt Katja Mast, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landesgruppe Baden-Württemberg, in einem Gespräch mit Dr. Dieter Schneider.
Nach den Auswertungen von Dr. Dieter Schneider haben sich die Quoten für bewilligte Schwerbehindertenanträge zwischen 2005 und 2007 unterschiedlich entwickelt. Während sie in Stuttgart und Baden-Baden gleich geblieben sind, verzeichnet vor allem Lörrach, der Schwarzwald-Baar- und Main-Tauber-Kreis auffallend starke Zunahmen: Pro 1.000 Einwohner sind hier die bewilligten Schwerbehinderungen bei allen 32 untersuchten Kreisen und Städten in Lörrach von 60 auf 68, im Schwarzwald-Baar-Kreis von 82 auf 91 und im Main-Tauber-Kreis von 71 auf 84 angestiegen. Der durchschnittliche Anteil von Menschen mit Schwerbehinderung in Baden-Württemberg beträgt 73 Menschen. Der Enzkreis schneidet mit einer Steigerung um nur eine Person im Vergleich gut ab. Der Stadtkreis Pforzheim liegt im Mittelfeld mit einer Steigerung um 4 Personen.
In den Bundesländern finden sich jedoch nach wie vor verschiedene Anerkennungskriterien. Hinzu kommt, dass die Datenquellen bisher nur für Baden-Württemberg vorliegen. Trotzdem hat beispielsweise in Bayern und Rheinland-Pfalz die Landesregierung die zentrale Steuerung der Annerkennungspraxis nicht aufgegeben, so dass es zu weniger lokalen Ungleichbehandlungen kommt.
„Ich fordere die baden-württembergische Sozialministerin Monika Stolz auf, diese Ergebnisse ernst zu nehmen und dort, wo es nötig ist, die Ungerechtigkeit in der Annerkennungspraxis für Menschen mit Schwerbehinderung zu beenden. Es ist die Aufgabe der Landessozialministerin trotz Dezentralisierung für die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse und gleichwertige Umsetzung unserer Bundesgesetze zu sorgen. Der Wohnort darf nicht dafür ausschlaggebend sein, ob jemand als Schwerbehindert anerkannt wird oder nicht. Hier ist Handeln und nicht Wegschauen von der schwarz-gelben Landesregierung gefragt“, so Katja Mast weiter.
Die stellvertretende Vorsitzende der baden-württembergischen SPD-Bundestagsabgeordneten kündigt an, gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen für eine starke Vertretung der Interessen der Schwerbehinderten zu sorgen, in Baden-Württemberg sind es rund 780.000.